Die Digitalisierung hat sich ihren Weg in alle Lebensbereiche gebahnt. Kaum ein Aspekt des Alltags bleibt von dem digitalen Wandel unberührt. Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich im stetigen digitalen Wandel. Der Handel, insbesondere der traditionelle Textileinzelhandel, unterliegt ebenso den Veränderungen.

Digitalisierung – eine allgemeine Betrachtung

Der Begriff der Digitalisierung ist von seiner Vielfältigkeit gekennzeichnet. Abhängig von dem jeweiligen Kontext, kann er verschiedene Bedeutungen annehmen. Unter anderem kann unter dem Begriff der Digitalisierung, die digitale Umwandlung von analogen Informationen, physischen Objekten und Ereignissen verstanden werden. Ebenfalls wird darunter auch die digitale Revolution beziehungsweise die digitale Transformation verstanden. 9

Die erstgenannte Bedeutung und Aufgabe der Digitalisierung als digitaler Umwandlungsprozess von analogen Informationen, Medien und Daten hat das Ziel einer langfristigen Speicherung und insbesondere flexibleren und schnelleren Verarbeitung der Daten, um sie elektronisch übertragen zu können.10

Digitalisierung als digitale Transformation beschreibt die einhergehenden Veränderungen in der Gesellschaft und Wirtschaft. Das aktuelle Verständnis des Begriffes hat weniger den digitalen Umwandlungsprozess im Fokus, sondern vielmehr den Menschen und seine Umgebung. Es geht darum, alle Aspekte seines Lebens in die digitale Welt zu übertragen. Menschen leben nicht mehr isoliert von dem Rest der Welt, sondern treten in eine digitale, globale und jederzeit vernetzte Online-Welt ein. Innerhalb dieser Online- Welt bietet sich die Möglichkeit, sowohl lokal als auch global, mit anderen Nutzern in Kontakt zu treten und mit ihnen zu interagieren.11

Starke Umwälzungen durch die Digitalisierung haben auch den Alltag umfassend verändert. Für viele Aspekte unseres Lebens ist ein Smartphone oder ein Computer kaum wegzudenken. Der Gang ins Netz ist selbstverständlich geworden. Gerade für die junge, anwachsende Generation, die sogenannten „Digital Natives“, ist der Alltag ohne Internet kaum vorstellbar. Ebenfalls zeichnet sich eine neue Gruppe von mobilen Internetnutzern ab, die als „Smart Natives“ bezeichnet werden. Diese wird voraussichtlich den Fortschritt der Digitalisierung vorantreiben.12

Die digitale Welt ist ein täglicher Begleiter geworden. Im Jahr 2018 gibt es weltweit über vier Milliarden Internetnutzer, mit einer jährlich steigenden Tendenz von sieben Prozent.

Über die Hälfte der Weltbevölkerung nutzt das Internet. Im vergangenen Jahr gingen zum ersten Mal fast eine Viertelmilliarde Menschen online. Die Zeit, welche die Menschen weltweit im Internet verbringen, ist ebenso gestiegen. Ein durchschnittlicher Internetnutzer verbringt täglich sechs Stunden im Netz. Die Summation der täglich verbrachten Zeit im Netz, von vier Milliarden Internetnutzern weltweit, ergibt für das Jahr 2018, eine Milliarde Jahre. Dabei zeichnet sich, mit weltweit über 5 Milliarden Nutzern, eine hohe Nutzungstendenz von mobilen Endgeräten aus.13

Online-Handel

Die Nutzung des Internets und dessen Anwendungsmöglichkeiten als Handelskanal, sowohl privat als auch geschäftlich, hat sich seit dem Aufkommen der ersten Online-Shop- Systeme stark verändert. Dadurch ist eine große Begriffs- und Möglichkeitsvielfalt entstanden. 14

Unternehmen können im Internet physische und digitale Güter oder eine Kombination der beiden Formen, anbieten. Zu den klassischen physischen Gütern zählen Bekleidung, Bücher und Elektronik. Auch digitale Güter, wie beispielsweise Musik, werden gehandelt. Immer mehr Unternehmen bieten ihre Dienstleistungen auch online an. So kann man, beispielsweise per Mausklick, einen Elektriker oder Handwerker engagieren. Heutzutage gibt es kaum eine Produktgruppe, die nicht online gehandelt wird.15

Der Einsatz des Internets als Absatzkanal wird als Electronic Commerce, kurz E-Commerce, bezeichnet, wobei sich in den letzten Jahren viele Definitionen gebildet haben und eine eindeutige Definition in der Literatur daher nicht existiert.16

Unter E-Commerce wird der Kauf und Verkauf von Produkten verstanden, welcher ausschließlich im Internet ausgeführt wird. Demnach handelt es sich dabei um die Anbahnung, Aushandlung und den Abschluss geschäftlicher Transkationen. Hierbei gibt es keine grundsätzlichen Unterschiede in Bezug auf die Transaktionsphasen im Vergleich zum traditionellen Handel. Mit E-Commerce wird das Ziel verfolgt, die Kauf- und Verkaufsprozesse bequemer und schneller zu gestalten.17

Im elektronischen Handel werden für den Anbieter große Flexibilitätsvorteile generiert. Dies wird auch als der direkte Vertrieb an Endkunden über Online-Shops verstanden. So können große Kosteneinsparungen in Bezug auf die Transaktion geschaffen werden,

aufgrund des Fehlens eines traditionellen stationären Vetriebskanals. Dies hat eine steigende Effizienz der einzelnen Vertriebsprozesse zur Folge.18

Dabei kann eine Abgrenzung vom E-Commerce und Electronic-Business, auch bekannt als E-Business, vorgenommen werden. In der Literatur wird E-Business als Oberbegriff verwendet. Unter dem elektronischen Geschäftsverkehr, welchen das E-Business darstellt, wird nicht nur die marktliche Transaktion im Internet verstanden, sondern vielmehr jegliche Art von wirtschaftlicher Tätigkeit in Bezug auf computergestützte Medien. 19

Außerdem verzeichnet der Online-Handel steigende Umsätze. Dabei ist mit etwa 529 Millionen Euro China der Vorreiter, wohingegen Deutschland lediglich etwa auf 63 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2018 kommt. Im Segment Bekleidung wird für Deutschland im Jahr 2022 ein Umsatz in Höhe von etwa 24 Millionen Euro prognostiziert.20

Verändertes Käuferverhalten

Die neuen Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung entstehen, verändern nicht nur den Handel, sondern auch den Kunden. Immer mehr Kunden nutzen das Internet im Rahmen ihres Kaufprozesses.21

Die Digitalisierung ermöglicht die Anwendung großer Datenmengen an Kundeninformationen, die alltäglich durch Kunden produziert werden. Diese hinterlassen Spuren, indem sie in Suchmaschinen nach Informationen suchen, durch besuchte Internetseiten und geteilte private Inhalte im Netz, um so individuell zugeschnittene Services und Inhalte von den einzelnen Anbietern erhalten zu können. Gleichzeitig ist die Digitalisierung noch immer Treiber der Handelsveränderungen und verleitet zu einer noch stärkeren Kundenzentriertheit. 22 Aufgrund der entstehenden Kundenzentriertheit verändert sich das Käuferverhalten zunehmend.

Kunden beziehungsweise die Beziehung zum Kunden sind nicht nur das Ziel, sondern fungieren auch als Treiber der Entwicklung des Handels, indem sie neue Technologien nutzen. Sie erwarten einen kontinuierlichen Fortschritt und eine Optimierung bestehender Technologien. Hieraus ergeben sich fortlaufend stetig neue Anforderungen, welche vom Kunden ausgehen.23  

Folglich hat sich der klassische Kaufprozess der Kunden verändert. Zentrales Ziel bei der Kaufentscheidung eines Kunden ist es, für sich ein Produkt zu finden, welches seine individuellen Bedürfnisse adäquat erfüllt. Der klassische Kaufprozess erfolgt in der Regel bei einem stationären Anbieter. Der Kunde entscheidet sich für einen Anbieter beim Gang in ein Geschäft. Er schaut sich das Sortiment des Anbieters an und vergleicht die dort angebotenen Produkte und Preise, anhand von den verfügbaren Produktinformationen. Dem Kunden wird in seiner Produktauswahlentscheidung beratend durch den Verkäufer geholfen. Er entscheidet sich für ein Produkt, dass seine Bedürfnisse bestmöglich befriedigt und kauft es vor Ort. Die Entscheidung für ein Produkt und der Kauf dessen erfolgen bei demselben Anbieter vor Ort.24

Der neue Kaufprozess kennzeichnet sich durch die Nutzung des Internets als Verkaufsinstrument aus. Kaufentscheidungen basieren auf Informationen, welche für den Kunden durch das Internet zur Verfügung gestellt werden. Anders als beim klassischen Kaufprozess, erfolgt die Entscheidung für ein Produkt und der anschließende Kauf dessen nicht bei demselben Anbieter, sondern kann sich nach einer Phase der Informationsbeschaffung bei einem Anbieter, in einen Kauf bei einem anderen Anbieter zeigen. Der neue Kaufprozess ist losgelöst von Online- und Offline-Kanälen. Der Kunde kann mithilfe des Internets ein Produkt auswählen, das seinen Bedürfnissen gerecht wird. Anhand detaillierter Produktinformationen, Preisvergleichsseiten, Bewertungen und Erfahrungsberichten anderer Kunden verschafft er sich einen größeren Umfang an Informationen, die er für seine Entscheidungsfindung heranziehen kann. Nach Auswahl eines Produktes entscheidet er sich, bei welchem Anbieter er dieses Produkt letztlich kaufen möchte, wobei es sich in der Regel um den kostengünstigeren Anbieter des Produktes handelt. Dieser Anbieter kann sein Geschäft dabei sowohl online als auch stationär betreiben. 25

Allgemein erfolgt die Entscheidung des Kunden, indem verglichen wird, welches der verfügbaren Angebote den höchsten Nutzen bringt. Dieser ergibt sich aus dem, was der Kunde erhält und den Kosten, die er dafür investieren muss. Sowohl Kosten als auch Nutzen können ökonomischer und sozialer Natur sein.26

Mobile Commerce

Das Internet wird zunehmend von seiner mobilen Nutzung geprägt. Die Zahl der mobilen Internetnutzer, insbesondere der Smartphone-Nutzer, hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Derzeit befindet sich der Mobile Commerce im Wandel, insbesondere in Verbindung mit der schnell ansteigenden Smartphone-Nutzung.27

Mobile Commerce kennzeichnet sich durch die Nutzung mobiler elektronischer Endgeräte zur Anbahnung, Aushandlung und Abschließung von marktlichen Transaktionen zwischen den Transaktionspartnern28. Mit Mobile Commerce bezeichnet man den Handel von Verbrauchsgütern und Dienstleistungen, anhand mobiler Internetnutzung. Das heißt die Nutzung eines mobilen Endgeräts, wie beispielsweise ein Smartphone, dient als Computerersatz für den Online-Handel. Der Kunde kann zu jeder Zeit und von überall aus online eine Produktrecherche durchführen und Online-Käufe tätigen. Dadurch werden räumliche Distanzen überwunden.29

Der Unterschied zwischen Mobile Commerce und Electronic Commerce besteht in der Ortsabhängigkeit. Electronic Commerce wird in der Regel von einem stationären Endgerät aus betrieben, während Mobile Commerce von jedem Standort aus betrieben werden kann.30

Das Angebot von Mobile Commerce eröffnet Händlern neue Möglichkeiten und Bereiche für neue und innovativere Geschäftsmodelle. Dies ist unter anderem dadurch bedingt, dass die Nutzung mobiler Endgeräte in den letzten Jahren stark zugenommen hat und heute noch weiter zunimmt. Gerade in Leerzeiten, wie im Stau, werden verstärkt Endgeräte verwendet, um diese Phasen zeitlich zu überbrücken. Hierbei kann der Nutzer sich während diesen Phasen beispielsweise über Produkte informieren oder Online-Käufe tätigen.31

Stationäre Einzelhändler können ebenfalls von der mobilen Internetnutzung profitieren. Beispielsweise bieten Ortungsdienste dem Nutzer passende Informationen über Geschäfte, unter anderem Bekleidungsgeschäfte, in ihrer Nähe an. Dadurch können sie sich ihre nächstgelegenen Geschäfte und deren Öffnungszeiten anzeigen lassen. Das mobile Internet kann aber auch auf bestehende Internetseiten von Online-Shops übertragen werden und die Leistung des Online-Shops in der mobilen Internetnutzung verbessern. Dies zeigt sich insbesondere in einer mobil ausgerichteten Darstellung der Inhalte der Webseiten.32

Bis zum Jahr 2020 werden laut Prognosen 50 Prozent aller Online-Käufe mit Smartphones getätigt werden. In Deutschland lag der mobile Anteil an E-Commerce Transaktionen zu Beginn des Jahres 2018 bei 48 Prozent. In Bezug auf den Bereich Mode lag der

Anteil des Mobile Commerce am E-Commerce zum Beginn des Jahres 2018 bei 63 Prozent. 33

Das nimmt eine bedeutende Rolle im Bereich der Integration verschiedener Absatzkanäle ein. Hieraus folgt, dass zukünftig keine klare Abgrenzung in den Online- und Offline- Kanälen mehr möglich sein wird. Mit Hilfe des Omni-Channeling können sich dadurch neue Chancen für den Textileinzelhandel entwickeln.34