In diesem Kapitel werden die Transformationsansätze betrachtet, die die Lösungsan-nahmen für die in Kapitel 3.2 geschilderten Probleme (und Folgeprobleme) darbieten. Die Transformationsansätze werden vorgestellt, so dass ein Überblick über sie geschaf-fen wird. Sie werden schließlich in Kapitel 4.1, bei der Erstellung des Referenzmodells verwendet. Zur Ergänzung von Kapitel 3.1 wird hier auf den Begriff Transformationsan-satz kurz eingegangen. Große-Oetringhaus beschreibt einen Transformationsansatz als Ausgangspunkt bzw. Schwerpunkt für eine Transformation. Der Schwerpunkt ist dabei abhängig von Chancen und Risiken eines Unternehmen sowie der Priorisierung von In-halten für die Transformation (Grosse-Oetringhaus 1996, S. 132). Wenngleich diese Definition aus der Praxis stammt, so ist ihr Inhalt für diese Arbeit ausreichend. Die Transformationsansätze bilden sowohl Ausgangspunkt wie Schwerpunkt des Referenz-modells, da aus ihnen konkrete Inhalte zur Bewältigung der Digitalen Transformation in das Referenzmodell einfließen. Chancen und Risiken des Unternehmens sowie die Prio-risierung von Inhalten für die Transformation wurden durch die Problemdefinition ange-deutet bzw. eingegrenzt.
Business Transformation Methodology²
Als erster zu betrachtender Transformationsansatz wurde die Business Transformation Methodology², kurz auch BTM² genannt gewählt. Der Ansatz wurde von den Autoren UHL UND GOLLENIA im Jahre 2013 geschaffen (fhnw.ch 2013). Dabei standen ihnen ein interdisziplinäres Team der Business Transformation Academy (BTA) und zwei Mitarbei-ter der SAP AG zur Seite, wodurch viele unterschiedliche Fachkenntnisse den Ansatz bereicherten. Das Ziel von BTM² ist es, mit Hilfe einer ganzheitlichen Struktur die er-folgreiche Planung und Durchführung einer Unternehmenstransformation sicherzustel-len. Das Werk enthält zur Bewältigung der Unternehmenstransformation eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze aus Theorie und Praxis, wodurch interdisziplinäre Fachkennt-nisse im Ansatz integriert sind (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 30). Folglich bildet dieser Ansatz eine angemessene Grundlage für die Erschließung wichtiger Elemente der Un-ternehmenstransformation, die schließlich im anzufertigenden Referenzmodell abgebil-det werden. Der BTM² besteht aus mehreren Komponenten. Innerhalb der Komponen-ten, finden sich die wichtigsten Aktivitäten für eine Unternehmenstransformation, ab-gesondert nach acht Management Disziplinen wieder. Den Management Disziplinen übergeordnet ist das sogenannte Meta-Management. Darin werden die wichtigsten As-pekte zur Herstellung der richtigen Rahmenbedingungen für die Unternehmenstransfor-mation beschrieben. Das Meta-Management hat zum einen die Aufgabe, die Komplexität der Unternehmenstransformation handhabbar zu machen. Zum anderen, den Erfolg der einzelnen Management Disziplinen sicherzustellen (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 29–41). Für die vorliegende Arbeit werden nun, begonnen mit dem Meta-Management, die einzelnen Management Disziplinen betrachtet. Über die Vorstellung des Ansatzes wird das Ziel angestrebt, für das Referenzmodell nötige Elemente aufzufinden. Bei der Re-cherche des Ansatzes konnte bereits festgestellt werden, dass die Management Diszip-linen sich in die Ebenen des BE einfügen lassen. Deswegen werden die einzelnen Ma-nagement Disziplinen geordnet nach den Ebenen des BE (Strategie, Prozess und Sys-tem) nacheinander betrachtet. Aufgrund der angestrebten Top-Down-Modellierung er-folgt ihre Betrachtung in der, durch das BE vorgegebenen Reihenfolge. Die acht Management Disziplinen unterliegen unterschiedlichen Oberbegriffen. So gehören die ers-ten drei Management Disziplinen: Strategie, Werte und Risiko -Management zu den so-genannten Richtungsweisenden Disziplinen. Die anderen fünf Management Disziplinen: Geschäftsprozess, Transformationales IT, Organisationales Veränderungs-, Kompetenz-, und Trainings-, sowie Programm-, und Projekt-Management zählen hingegen zu den Ermöglichenden Managementdisziplinen (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 38). Das Stra-tegie Management unterstützt in sechs Schritten bei der Entwicklung einer Strategie für die Unternehmenstransformation. Innerhalb der Schritte: Projektbeginn, IST-Daten Er-fassung, Analyse der Transformationsnotwendigkeit und -Gründe, Entwicklung der Vi-sion, des Geschäftsmodells und des integrierten Transformationsplans werden alle an-deren Management Disziplinen berücksichtigt. Weiter stellt die Disziplin Methoden und Werkzeuge zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben zur Verfügung (vgl. Uhl und Gollenia 2012, 60, 63 und 78). Die zweite Management Disziplin Value Management befasst sich mit der Einbindung von Stakeholdern, in dem Werte und Vorteile der Trans-formationsdurchführung hervorgehoben werden (vgl. Uhl und Gollenia 2012, 84 und 108). Die dritte Disziplin innerhalb der ermöglichenden Disziplinen ist das Risiko Ma-nagement. Es beinhaltet vier Schritte, die sich über den gesamten Transformationspro-zess erstrecken und gibt Ansätze sowie zu erwartende Ergebnisse vor. Inhaltlich werden strategische wie operative Risiken betrachtet, die das Transformationsprojekt beeinflus-sen könnten. Unter Zunahme der angegeben Ansätze wird der Umgang mit identifizier-ten als auch nicht identifizierten Risiken sichergestellt (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 112 und 120). Aufgrund der Gestaltung der Zukunftsvision und der Ausrichtung des Transformationsvorhabens stellen die Richtungsweisende Management Disziplinen den Beginn des Transformationsvorhabens dar (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 43). Auf die Richtungsweisenden Disziplinen folgen, wie oben bereits angesprochen, die Ermög-lichenden. Die erste Disziplin ist das Geschäftsprozess Management. Der Fokus im BTM² bzgl. dem Geschäftsprozess Management liegt hauptsächlich auf der Neuentwicklung von Prozessen. Dazu hält es wie das Risiko Management vier Schritte bereit, die sich über den gesamten Transformationsverlauf aufteilen. Der Ansatz folgt dem Top-Down-Prinzip und unterstützt bei der Erstellung, Implementierung sowie der Einrichtung einer Prozessüberwachung (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 137). Das Transformational IT Ma-nagement enthält über den gesamten Transformationsprozess vier Schritte, die im wei-teren Verlauf in sieben aufgebrochen werden. Sie helfen den Umfang der Veränderungen an der IT zu beurteilen und berücksichtigen dabei die notwendige Systemarchitektur sowie die Implementierung von IT-Services und IT-Lebenszyklusmanagement (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 173). Die dritte Disziplin der Ermöglichenden Management Dis-ziplinen ist das Organizational Change-Management. Hier werden mögliche Widerstände durch an der Transformation beteiligte sowie von dieser, betroffenen Mitarbeitern fo-kussiert. Ziel ist die Herstellung einer möglichst hohen Akzeptanz für die Veränderung (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 197). Die nächste Disziplin ist das Competence and Training Management. Darin werden Trainingsmaßnahmen für die Mitarbeiter vorberei-tet. Die Maßnahmen umfassen zum einen für die Transformation notwendige Kompe-tenzen, zum anderen strategische Kernkompetenzen (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 228). Den Schluss der Ermöglichenden Disziplinen bildet das Program- and Project Ma-nagement. Diese Disziplin umfasst die Planung und Durchführung von Programmen und Projekten der Transformation. Darin werden vor allem die im Strategy Management geplanten Aspekte berücksichtigt (Uhl und Gollenia 2012, S. 246). Die Richtungswei-senden Disziplinen stellen unter Einbezug der Zukunftsvision und der Richtung vor allem den Beginn des Transformationsvorhabens dar. Sie befassen sich vorrangig mit der Pla-nung und Einhaltung festgelegter Aspekte für die Transformation. Die Ermöglichenden Disziplinen hingegen sorgen für die Durchführung der Transformation sowie dem Ab-gleich der Fortschritte der Veränderungen in den jeweiligen Disziplinen. Die Manage-mentklassen gehören jeweils unterschiedlichen, ineinander gebrachten Kreisläufen an. Die Richtungsweisenden bilden den sogenannten Strategy Loop, die Ermöglichenden Disziplinen den Feedback Loop. Sie sind verbunden über das Program and Project Ma-nagement. Im Zuge der Umsetzung der Strategie aus dem Strategy Loop im Feedback Loop, entsteht die sich kontinuierlich wiederholende Möglichkeit die Transformations-strategie anzupassen (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 43–44). Der BTM² schreibt auf-grund individueller Transformationsbedingungen, denen ein Unternehmen unterliegen kann, keinen festgeschriebenen Ablauf vor, wodurch der Ablauf individuell angepasst stattfinden kann (vgl. Uhl und Gollenia 2012, 30 und 42). Ein Transformationsvorhaben darf, laut den Autoren, nicht als linear oder routiniert aufgefasst werden (vgl. Feldman und Pentland, 2013 zitiert nach: Uhl und Gollenia 2012, S. 32). Deswegen wird mit dem BTM² ein Rahmen zur Verfügung gestellt der sicherstellt, dass kein Aspekt unberück-sichtigt bleibt (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 31). Neben den genannten Aspekten be-herbergt der BTM² einen Transformations-Lebenszyklus. Er ist in vier Phasen unterteilt: Envision, Engage, Transform und Optimize. Die erste Phase umfasst die Frage nach dem Warum, dem Wie und der Transformationsfähigkeit i. S. v., ist das Unternehmen im Stande eine Transformation durchzuführen. Ergebnisse der ersten Phase sind zum einen die Definition der Notwendigkeit der Transformation, die Identifizierung von Strategie und Vision sowie der Einbezug des Top-Managements. In der zweiten Phase werden die durch die Transformation implizierten Veränderungen entworfen. Es wird nach dem Was, der Bedeutung und wiederholt dem Warum gefragt. Projekte werden erstellt und die Mitarbeiter an die Transformation herangeführt. Die dritte Phase hat die Umsetzung der Transformation inhärent. Die Restrukturierung, die Entwicklung neuer Prozesse oder
die Etablierung neuer Divisionen findet statt. Dabei werden die geplanten Änderungen genauso wie die Veränderung der Mitarbeiter berücksichtigt. Ergebnisse sind z. B.: Neue Prozesse und Beziehungen, sowie Divisionen. Die vierte Phase sorgt für die Festigung der neu erstellten Strukturen. Mitarbeiter müssen z. B. neue Abläufe erlernen. Ergeb-nisse sind: Eine kontinuierliche Transformationsfähigkeit des Unternehmens sowie messbare Prozesse und Erfolge. Aufgrund der kreisförmigen Anordnung der Phasen ist bei Problemen eine Rückkehr zu vorherigen Phasen möglich (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 44–47). Die in den Management Disziplinen genannten Schritte beziehen sich teil-weise oder vollständig auf die bereits vorgestellten Phasen. Welche Schritte in welchen Phasen durchzuführen sind, ist der jeweiligen Disziplin zu entnehmen (vgl. Uhl und Gol-lenia 2012, S. 60 und 137). Dennoch ist, wie oben beschrieben, kein fester Ablauf beim Einsatz des Ansatzes vorgeschrieben. Die Management Disziplinen enthalten neben den auszuführenden Schritten, jeweilig Ergebnisse die ebenfalls dem Transformations-Le-benszyklus unterzuordnen sind. Zusätzlich zum vorgeschlagenen Vorgehen in den ein-zelnen Disziplinen, enthalten sie unterschiedliche Leitfäden, Methoden, Tools, Rahmen und Techniken. Techniken, wie die Balance Scorecard unterstützen je nach betrachteter Disziplin, bei der Ergebniserstellung im Rahmen der Planung und Durchführung der Transformation (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 35 und 51). Weitere Beispiele für Me-thoden oder Modelle zur Unterstützung der Arbeit mit diesem Ansatz sind die SWOT- oder GAP-Analyse (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 68 und 314). BTM² stellt damit einen holistischen und integrierten Rahmen dar, der die erfolgreiche Durchführung einer Un-ternehmenstransformation begünstigt. Beispiele zu seiner Anwendung sind: Die Einfüh-rung von Enterprise Resource Planning (ERP) Systemen, Schared Service Center oder Prozess Outsourcing (vgl. Uhl und Gollenia 2012, S. 30, 35-36 und 42).
Digital Capability Framework (DCF)
Der Digital Capability Framework, auch DCF genannt, wurde im Jahre 2014 von den Autoren UHL UND GOLLENIA veröffentlicht und ist in erster Linie zur Planung der Verände-rung der Unternehmensstrategie in Bezug auf die Digitalisierung interessant (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 30). Ziel des DCF ist es, Unternehmen bei der Erlangung digitaler Fähigkeiten zu unterstützen, so dass sie sich selbst in eine Digital Enterprise (s. auch Kapitel 3.2.1) transformieren können (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 28). Der DCF be-steht aus vier Bausteinen, welche dem Unternehmen ausgehend von der Erfassung des IST-Zustandes dabei helfen, auf der Grundlage neuer Technologien, neue Geschäfts-möglichkeiten zu identifizieren (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 29). Die vier Bausteine sind: Digital Capabilities, Digital Capability Maturity Models, Digital Use Cases und Digi-tal Transformation Roadmap. Sie definieren einen sechs Stufen Ansatz, der die Erstel-lung einer Roadmap zur Erlangung des Status der Digital Enterprise führen (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 28). Die Bausteine sind im Folgenden kurz vorgestellt. Der erste Bau-stein legt sechs Kernfähigkeiten (Digital Capabilities) offen, die ein Unternehmen im Vorhinein haben muss, um die neuen Technologien bestmöglich zu nutzen, Kunden ge-recht zu werden und über die Transformation ebenfalls Innovation zu erreichen. Der zweite Block enthält Werkzeuge zur Evaluierung des digitalen Reifegrads der einzelnen Fähigkeiten. Dabei muss ein möglichst hoher Reifegrad zur Ausschöpfung des vollen Potentials der digitalen Fähigkeiten erreicht werden. Die Digital Use Cases beschreiben beispielhaft, wie die digitalen Fähigkeiten genutzt werden können. Der vierte Block um-fasst die Erstellung der Roadmap, welche die zu erreichenden Ziele in Abhängigkeit zur Zeit darstellt (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 30). Der Digital Capability Framework in-tegriert den BTM² Ansatz. Laut den Autoren ist eine digitale Transformation von einer Transformation, aufgrund des höheren Stellenwertes der IT zu unterscheiden. Die Er-gänzung des DCF um die Management Disziplinen des BTM², sorgen zum einen dafür, dass Aspekte nicht vernachlässigt werden, zum anderen wird über die Fragestellung des Was hinaus, auch das Wie beantwortet. Demzufolge finden die Auswirkungen der digi-talen Fähigkeiten in der gesamten Organisation Beachtung (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 31). In dem DCF sind die Digital Capabilities von hoher Bedeutung, sieben von zehn Kapitel beziehen sich darauf. Sie seien im Folgenden ebenfalls kurz vorgestellt. Es gibt sechs Digital Capabilities unterteilt in zwei Kategorien. Die erste Kategorie umfasst die Digital Transformation Enablers. Sie müssen erschlossen werden, um den digitalen Rei-fegrad der Organisation auf ein angemessenes Level zu bringen. Die Digital Capabilities innerhalb der Kategorie lauten: Innovation Capability, Transformation Capabiliy und IT Excellence. Die zweite Kategorie umfasst die Digital Transformation Goals. Nachdem die Enabler einen angemessenen Reifegrad haben, können die Ziele der Digital Transfor-mation verfolgt werden. Sie lauten: Customer Centricity, Effective Knowledge Worker und Operational Excellence (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 36–37). Die Innovation Cap-ability setzt eine Unternehmenskultur voraus, die unter Berücksichtigung der neuesten technologischen Entwicklungen, ständig über neue Geschäftsmöglichkeiten nachdenkt. Sind potentielle Möglichkeiten (z.B. neue Produkte, Dienstleistungen, oder Prozesse auf Grundlage neuer Technologien) gefunden, so sollen sie auf Vorteile, Risiken und der Höhe des Investments untersucht werden. Die zu realisierenden Gegenstände sind fol-gend in Projekten zu planen. Die Transformation Capability schildert, wie bereits oben angedeutet, dass die Transformation das gesamte Unternehmen betrifft, auch wenn die Transformation stattgefunden hat, darf sie aufgrund der Umwelteinflüsse, wie sie in Kapitel 3.2 beschrieben sind, nicht aufhören. Die Digital Enterprise muss eine klare Vi-sion vermitteln und Mitarbeiter früh in den Transformationsprozess miteinbeziehen, so dass nicht nur externe- sondern auch interne- Faktoren Aufmerksamkeit finden. Der Hintergrund dafür liegt in erster Linie an internen Widerständen durch die Belegschaft. Ein Transformationsexperten-Team begünstigt die Transformationsanstrengungen. Ne-ben einer soliden Transformation gilt es in Zukunft flexibel zu sein, was sich in einer vorausschauenden Planung niederschlägt, z. B. agile Prozesse (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 38–39). Die dritte Capability der ersten Kategorie IT-Excellence thematisiert die Nutzung neuer Technologien, wie sie in Kapitel 3.2.1 vorgestellt wurden. Damit wird die Verbesserung des Geschäftes angestrebt, wobei der Nutzen der Technologie evalu-iert werden muss, um individuelle Vorteile zu erreichen. Daraus kann z. B. ein neues Geschäftsmodell resultieren. Häufig ist die Technologiestruktur von Unternehmen starr und berücksichtigt damit nicht ausreichend, dass mobile Technologien oder Social Media agile sich schrittweise wiederholende Methoden benötigen. Auf diese Weise kann ein kontinuierliches Testen und Probieren im Hinblick auf neue Märkte erfolgen (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 39). Die erste Capability der zweiten Kategorie ist Customer Centricity. Sie befasst sich mit der Berücksichtigung der veränderten Kundenmentalität in Bezug auf neue Technologien (s. Kapitel 3.2). Dabei ist es wichtig, die für das Unter-nehmen wertvollsten Kunden zu adressieren und von einer produkt- zu einer kunden-orientierten Philosophie zu gelangen. Ein Beispiel ist der Austausch eines Customer Re-lationship Systems (CRM) mit einem Social CRM. Des Weiteren wird es erforderlich Pro-zesse und IT-Struktur an den Kunden auszurichten. Letztlich wird dadurch zugleich ein Vorteil für den Kunden sowie für das Unternehmen geschaffen. Aufgrund dieser Zwei-teilung ist es entscheidend, Vorteile und Risiken gegeneinander abzuwägen. Key Perfor-mance Indicators (KPI), können dies unterstützen (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 40–41). Effective Knowledge Worker fokussiert die Mitarbeiter und deren Arbeit unter- und miteinander sowie den Einfluss aus Organisationsstrukturen. Die Mitarbeiter sind zu Kreativität berufen und deren Arbeitsplatz ist flexibel, z. B. in Bezug auf die Zeit und den Ort an dem gearbeitet wird. Kompetenzen werden durch Training verbessert und eine Kultur des kontinuierlichen Lernens etabliert. Feedback sowie Belohnungen sorgen für zufriedene, motivierte und unabhängig arbeitende Mitarbeiter. Manager sind Trainer und führen ein Management by Objectives (MbO) aus (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 41). Die letzte Capability der zweiten Kategorie ist die Operational Excellence. Das Ope-rational Excellence steht dem Prozessmanagement nahe. Standardisierte Methoden hel-fen die Leistungsfähigkeit der Prozesse zu überwachen, zu messen und kontinuierlich zu verbessern. Dem Reifegrad in dieser Capability wird damit Rechnung getragen. Das heißt jedoch nicht, dass nicht messbare Aspekte unberücksichtigt bleiben dürfen. Die Strategie, Kultur und die Wahl der richtigen Zulieferer sind ebenfalls zu berücksichti-gende Aspekte im Rahmen der Operational Excellence (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 42). Schließlich wird nun ausgehend von den Capabilities der Ablauf bei der Bearbeitung des DCF kurz geschildert. Ziel ist die Erstellung einer Roadmap zur Erlangung des Titels „Digital Enterprise“. Das Abarbeiten des DCF findet in sechs Schritten statt. Im ersten
Schritt namens, Digital Capabilities Assessment gilt es sich digitale Technologien be-wusst zu machen und die Relevanz sowie die Vorteile für das Unternehmen einzuschät-zen. Anschließend, wird der aktuelle Zustand des Unternehmens, in einer Ist-Soll-Ana-lyse, in Bezug auf den Digitalen Reifegrad (Capabilities) untersucht, so dass bestehende Lücken aufgedeckt werden. Im zweiten Schritt: Digital Use Cases and Mapping to Digital Capabilities werden Use Cases definiert, die beispielhafte Szenarien der Nutzung der Technologien unter Berücksichtigung der Digital Capabilities aufzeigen. Sie dienen der Abbildung des vorher definierten Soll-Zustandes. Die folgenden drei Schritte: Business Priority Assessment, Digital Transformation Roadmap und Business Case Development beherbergen Methoden, die bei der Auswahl der gebildeten Alternativen unterstützen. Darunter eine Nutzenanalyse (Schritt 3), die Schätzung des Aufwandes für die einzelnen Use Cases und der damit verbundenen Kosten (Schritt 4) sowie die Abbildung der viel-versprechendsten Use Cases (quick wins), nach Prioritäten in einer Roadmap (Schritt 5). Für die Implementierung wird an dieser Stelle ausdrücklich auf die BTM² verwiesen. Der letzte Schritt fordert die Abbildung der geplanten Sachverhalte in einem Business Case (vgl. Uhl und Gollenia 2014, S. 50).
Roadmap für die digitale Transformation von Geschäftsmodellen
Aufgrund der hohen Relevanz des Einbezugs neuer Technologien sowie der darauf auf-bauenden Entwicklung neuer Geschäftsmodellen im Rahmen einer digitalen Transfor-mation, wird die Betrachtung von Ansätzen um die Roadmap für die Digitale Transfor-mation von Geschäftsmodellen ergänzt. Der Ansatz stammt aus dem Jahr 2016 und wurde von SCHALLMO an der Hochschule Ulm entwickelt. Der Ansatz basiert auf den An-sätzen zur Innovation von Geschäftsmodellen der Autoren ESSER, PRICEWATERHOUSE-COOPERS UND BOUEÉ UND SCHAIBLE (vgl. Schallmo 2016, IV und S. 15). Ziel des Vorgehensmodells von SCHALLMO ist die Entwicklung eines digitalen Geschäftsmodells in fünf Pha-sen (vgl. Schallmo 2016, S. 46).
Abbildung 3.6: Vorgehensmodell der Digitalen Transformation von Geschäftsmodellen
Quelle: Schallmo 2016, S. 46
Wie in Abbildung 3.6 ersichtlich enthält jede Phase Ziele, Aktivitäten und Ergebnisse. Die Aktivitäten enthalten weiter Instrumente zur Unterstützung der Durchführung der Phasen (vgl. Schallmo 2016, S. 25). Die einzelnen Phasen sind im Folgenden erläutert. Die erste Phase nennt sich Digitale Realität und enthält die Erfassung des Ist-Zustandes bzgl. des Geschäftsmodells, der Wertschöpfungskette und zugehörigen Akteuren sowie Kundensegmentierung. Der Vorgang in der ersten Phase, hat die Evaluierung des aktu-ellen digitalen Reifegrades mit dem DCF gemeinsam. Zum Messen des Digitalisierungs-grad verweist SCHALLMO auf weitere Literatur (vgl. Schallmo 2016, S. 21 und 24-26). In der zweiten Phase Digitale Ambition werden auf Basis der in Phase eins erarbeiteten Ist-Situation die Ziele für die Transformation des Geschäftsmodells festgelegt. Die Ziele sind in die Kategorien Zeit, Finanzen, Raum und Qualität zu unterteilen. Schließlich wer-den die Ziele und Dimensionen priorisiert (vgl. Schallmo 2016, S. 21 und 28-30). In der Phase Digitale Potenziale werden unter Einbezug der Ergebnisse aus Phase eins und zwei die möglichen Alternativen des zukünftigen digitalen Geschäftsmodells erhoben. Dazu werden sowohl Best Practices als auch neue Technologien (Enabler) untersucht und kategorisch festgehalten (vgl. Schallmo 2016, S. 22, 31-32 und 35). Die vierte Phase nennt sich Digitaler Fit. Hier werden die Alternativen aus Phase drei evaluiert und mit dem vorherigen Geschäftsmodell synthetisiert. Dabei sind die vorherig festgelegten Kundenanforderungen sowie Ziele zu berücksichtigen. Schließlich findet eine Bewertung der unterschiedlichen Geschäftsmodell-Alternativen mit Hilfe einer Scoring Tabelle statt (vgl. Schallmo 2016, S. 22 und 35-38). Die letzte Phase Digitale Implementierung dient der Realisierung. Ziel ist es, die ausgewählten mit den im vorigen Geschäftsmodell syn-thetisierten Alternativen zu realisieren. Hier fließen die Informationen aller Phasen zu-sammen und werden um Realisierungsaspekte, wie die Berücksichtigung von Ressour-cen oder der Gestaltung der digitalen Kundenerfahrung, sowie des digitalen Wertschöp-fungsnetzwerkes angereichert. Als Endergebnis entsteht im besten Fall ein sogenanntes intelligentes Geschäftsmodell. Es zeichnet sich z. B. durch die Nutzung einer Cloud aus, wobei Produkte, Dienstleistungen und Prozesse auf die Nutzung von Hard- sowie Soft-ware angewiesen sind. Die technologische Infrastruktur hält darüber hinaus z. B. Sen-soren bereit die über eine Cloud kommunizieren. In Zusammenhang mit einer Daten-bank können zum einen Big Data Analysen stattfinden und Teilfunktionen automatisiert werden. Weitere Vorteile entstehen durch die Gewinnung von Daten für ERP, CRM und Product Lifecycle Management (PLM) Systeme (vgl. Schallmo 2016, S. 22, 39-40 und 44-45). Wenngleich dieser Ansatz, verglichen mit dem BTM² und dem DCF, nur einen Teilaspekt der digitalen Transformation enthält und damit im Umfang geringer ausfällt, so enthält er Werkzeuge und Beispiele, die das hier zu entwickelnde Referenzmodell bereichern und dem Modellnutzer das Verständnis und seine Modellierung vereinfachen.
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